Ich träumte von einer alten, längst vergessenen Zeit

Eines frostigen Abends sah ich mich eine schneebedeckte Straße entlang gehen. Mein ewigtreuer Begleiter, der Schatten, schwebte tänzelnd um mich herum. Bald schlich er mir nach, bald eilte er voran. Im gelblichen Licht der Straßenlaternen glitzerten Schneekristalle. Keine aus Geschäften dringende Hintergrundmusik störte das kaum vernehmbare Rascheln der kalten Luft. Da sprang eine Tür auf, aus der gedämpftes Stimmengewirr zu hören war. Ein Streifen warmen Lichtes fiel auf die Straße. Ich trat ein. Ein länglicher Raum erstreckte sich in die Tiefe. Die Wand zur Rechten war zur Hälfte verklinkert, dann schloss sich eine Nische an, in welcher der Ausschank stattfand. Auf hölzernen Bänken und Stühlen zur Linken ließen seit langer Zeit nicht gesehene Freunde die Becher rastlos kreisen. Köstliche Tabakwaren lagen auf den Tischen. Verzierte Aschenbecher funkelten unter Kupferlampen. Manch einer hatte ein kleines Oktavbändchen aus der Kuttentasche gezogen und saß, leicht abgewendet, rauchend in ein Gedicht von Tao Yüang-Ming oder einen Aphorismus von Lichtenberg versunken, sah bisweilen den blauen Kringeln des Zigarettenrauches nach, lies die Gedanken schweifen, träumte vom Pfirsichblütenquell. Eine letzte Runde noch, dann erhoben sich die Zechbrüder und schwankten betrunken, ein jeder für sich, voller Glück nach Hause.
Ich erwachte erfrischt und heiter aus dem Schlaf und begab mich zur Morgentoilette. Während des Frühstücks stellte ich das Radio an und hörte die neuesten von der Regierung beschlossenen Verordnungen zur Regulierung des öffentlichen Lebens. Jedoch, meine Gedanken schweiften ab und ich dachte an den Traum von einer alten, längst vergangenen Zeit.

Hügel mit Ruine Tuscheskizze